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Rechtstipp für Immobilienmakler zum Online-Verbraucher-Widerrufsrecht und zur vorzeitigen Leistungserbringung – ein Gastbeitrag von RA Sven Hörnich

Als Immobilienmakler vermitteln Sie Ihre Immobilien inzwischen größtenteils online, veröffentlichen Ihre Immobilien auf Portalen und verschicken Exposés per E-Mail. Um Ihre Provision hierbei nicht zu gefährden, gilt es einiges zu beachten.

Hinweise von Rechtsanwalt Sven Hörnich zum Online-Verbraucher-Widerrufsrecht und zur vorzeitigen Leistungserbringung

Einer der Fallstricke im Onlinevertrieb ist das Verbraucher-Widerrufsrecht, welches in § 355 BGB geregelt ist. So Sie Ihre Dienstleistungen auf Grund eines Online-Vertragsschlusses (z.B. über die gängigen Plattformen) gegenüber Verbrauchern anbieten, so steht Letzteren ein Widerrufsrecht zu. Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt im Falle der Maklerdienstleistung mit Vertragsschluss.
Der Begriff Verbraucher wird in § 13 BGB definiert als „jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.“
Bereits das Wort „überwiegend“ schafft in diesem Umfeld häufig Nachweisprobleme. Insbesondere erstinstanzliche (bzw. Amts-) Gerichte lassen sich dazu hinreißen, den Angaben des Kunden Glauben zu schenken, selbst wenn eine Vielzahl von Indizien für eine überwiegend gewerbliche bzw. selbständige Tätigkeit sprechen. Ist ein Kunde jedoch beispielsweise bekanntermaßen hochspekulativ im Bereich des An- und Verkaufs von Immobilien tätig, lohnt sich ggf. der Einwand, der Kunde sei nicht als Verbraucher tätig gewesen.
Anzuraten ist in diesem Zusammenhang, dass Sie in den von Ihnen unternehmerseitig eingepflegten Widerrufsbelehrungen eingangs eine Beschränkung auf „Verbraucher“ vornehmen, wie beispielsweise:
 „Schließen Sie den Vertrag als Verbraucher (vgl. § 13 BGB) […]“
Denn sollten Sie – was häufig zu finden ist – keine solche Einschränkung vornehmen, gewähren Sie formaljuristisch das Widerrufsrecht sämtlichen Kunden.
Darüber hinaus kann und wird es bei aller Schutzbedürftigkeit der Verbraucher häufig Fälle geben, in denen keine der Parteien an einem Abwarten der Widerrufsfrist Interesse hat, da die Immobilie dann ggf. schon anderweitig verkauft bzw. vermietet sein könnte. Diesem Interesse an Beschleunigung der Vertragsdurchführung hat der Gesetzgeber damit Rechnung getragen, dass der Unternehmer dem Verbraucher die vorzeitige Leistungserbringung anbietet, ihn aber sogleich auch darüber informiert, dass er hierdurch trotz Widerruf zur anteiligen Zahlungsleistung verpflichtet sein kann und zwar bis hin zu 100% (bei vollständiger Leistungserbringung).
Geregelt ist dies in § 356 Abs. 4 BGB
„(4) Das Widerrufsrecht erlischt bei einem Vertrag zur Erbringung von Dienstleistungen auch dann, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat und mit der Ausführung der Dienstleistung erst begonnen hat, nachdem der Verbraucher dazu seine ausdrückliche Zustimmung gegeben hat und gleichzeitig seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert. Bei einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag muss die Zustimmung des Verbrauchers auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt werden. Bei einem Vertrag über die Erbringung von Finanzdienstleistungen erlischt das Widerrufsrecht abweichend von Satz 1, wenn der Vertrag von beiden Seiten auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers vollständig erfüllt ist, bevor der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausübt.“
Häufiger Fehler ist hierbei, dass zwar bspw. im Rahmen der Widerrufsbelehrung bzw. AGB über diese Rechtsfolge informiert wird, aber es an der „ausdrücklichen“ Zustimmung des Verbrauchers mangelt.

Zusätzlich zu einer Aufnahme dieser Information in die Widerrufsbelehrung muss also auch die Zustimmung in die vorzeitige Leistungserbringung separat und ausdrücklich eingeholt werden (und im Falle eines nachträglichen Rechtsstreits nachweisbar sein).
Zuletzt sei darauf hingewiesen, dass über die Widerrufsbelehrung auch das sog. Muster-Widerrufsformular zur Verfügung zu stellen ist.
Die genaue Formulierung ist eine Frage des Einzelfalles und hängt u.a. davon ab, ob Sie neben der Maklerdienstleistung auch weitere (bspw. digitale) (Waren-)Lieferungen mit abdecken möchten. Hilfreich bei Erstellung der eigenen Erklärung sind die gesetzlichen Muster:
https://www.gesetze-im-internet.de/bgbeg/art_253anlage_1.html
https://www.gesetze-im-internet.de/bgbeg/art_253anlage_2.html
Kein ausdrückliches Muster des Gesetzgebers existiert für die Zustimmungserklärung hinsichtlich der vorzeitigen Leistungserbringung. Sinnvoll erscheint, sich auch hier grob an den obigen Mustertexten (Widerrufs-Belehrung, dort Fußnote 6) zu orientieren. Eine Formulierung für reine Dienstleistungen könnte mithin lauten:
[ ] Ich verlange ausdrücklich, dass die Dienstleistungen bereits während der Widerrufsfrist beginnen soll. Mir ist bekannt, dass ich im Falle eines Widerrufs dennoch einen angemessenen Betrag zu zahlen habe, der dem Anteil der bis zu dem Zeitpunkt, zu dem ich den Anbieter von der Ausübung des Widerrufsrechts hinsichtlich dieses Vertrags unterrichte, bereits erbrachten Dienstleistungen im Vergleich zum Gesamtumfang der im Vertrag vorgesehenen Dienstleistungen entspricht.
Das Feld „[ ]“ darf dabei nicht vorausgewählt sein, da es sonst an der Ausdrücklichkeit fehlen dürfte.
Softwareanbieter in diesem Bereich sehen hierfür häufig konfigurierbare Felder vor und unterlegen diese teils auch mit Platzhaltern zur besseren Nachvollziehbarkeit. Jedoch sind Softwareanbieter natürlich keine Rechtsdienstleister und mithin obliegt es dem jeweiligen Anbieter, die eingesetzte Software entsprechend zu konfigurieren.
Bitte beachten Sie, dass vorstehende Entwürfe (wie übrigens auch etwaig in Softwareangeboten vorkonfigurierte Textbausteine) lediglich der Veranschaulichung dienen können und die konkrete Gestaltung jeweils im Einzelfall unter Hinzuziehung eines Rechtsberaters gefunden werden sollte.
 
Über Rechtsanwalt Sven Hörnich
Seit seiner Zulassung als deutscher Rechtsanwalt im Jahr 2008 steht Sven Hörnich vor allem Start-ups sowie mittelständischen Unternehmen in den Bereichen des Medien-, Marken-, Urheber- und Wettbewerbsrechts zur Seite. Rechtsanwalt Sven Hörnich gründete nach langjähriger Tätigkeit im Dresdner Büro einer spezialisierten mittelständischen Kanzlei im Jahr 2012 seine eigene Sozietät in Dresden. Weitere Informationen, Artikel und Kontaktmöglichkeiten finden Sie auf seiner Internetseite www.sven-hoernich.de. Neben seiner anwaltlichen Tätigkeit ist Rechtsanwalt Sven Hörnich auch publizistisch tätig, dies zum Beispiel durch regelmäßige Beiträge im Online-Marketing-Handbuch „Follow me!“
 

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